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Drucken 03-04-2022 | Theken-Themen

Krieg oder Frieden? Worauf es jetzt ankommt.

Kerken, den 3. April 2022 - Ein politischer Kommentar der Redaktion von Rainer Willing.

Nur weil der russische Autokrat Putin durchdreht und einen Krieg vom Zaun bricht, den nun wirklich Niemand vorhersehen konnte, haben wir Alles falsch gemacht? 

Da machen es sich Politik und Medien in Deutschland mal wieder viel zu einfach. Jetzt hört man sinnlose Kommentare im Überfluss, wie: "man muss diversifizieren, nicht Alles auf eine Karte setzen und dergleichen".
Wer soll das denn verantwortet haben, Öl und Gas nicht dort zu kaufen, wo es am günstigsten ist? Und der kurzen Entfernung wegen auch noch am umweltverträglichsten?

Wohlstand der Bürger und Wohltaten des Staates sind nur dort möglich, wo die Deutsche Industrie und Handel wettbewerbs- und betriebswirtschaftlich orientierte Entscheidungen treffen und für hohe Steuereinnahmen sorgen. 

Wenn hier überhaupt Fehler gemacht wurden, dann von der Politik durch die kurzentschlossene Verabschiedung von der Atomkraft. Das fällt uns jetzt auf die Füsse. Aber wem will man das vorwerfen, wenn die Endlagerung des Atommülls ein unkalkulierbares Risiko für die Bevölkerung darstellt? 

Ganz sicher aber haben auch wir Fehler gemacht, weil wir uns um die demokratische Entwicklung der post-sowjetischen Gesellschaften nicht gekümmert haben.

Es ist eigentlich ein Widerspruch, aber leider nicht zu verleugnen, dass wir einerseits über immer mehr Wissen in den technischen Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen, aber die geistigen und intellektuellen Kompetenzen noch immer in mittelalterlich anmutenden Reflexen verhaftet sind. 

Statt an dieser auseinanderdriftenden Schere zwischen technischen und geistigen Kompetenzen zu arbeiten, werden die Menschen in ihrer mittelalterlichen Emotionalität auch noch  von den Medien unterstützt, denen es nicht um einen kontruktiven Beitrag in der Sache geht, sondern um Auflagen, Einschaltquoten und IVW-Bewertungen. Auf der Strecke bleibt die Klarheit und letztlich auch die Wahrheit und damit die Urteilsfähigkeit der:s Einzelnen.

Dabei bräuchten wir gerade jetzt Politiker:innen, die Souveränität und Klugheit ausstrahlen. Wichtige Statements und Entscheidungen müssen von der politischen Führung direkt an das Volk gerichtet werden. Interviews und Talkshows sind hierfür ungeeignet.

Eindrucksvolle Weltgeschehen, die plötzlich auftreten, wie die unfassbare Zerstörung von Mariupol  in der Ukraine oder die Zerstörung des AKW Fukushima durch einen großen Tsunami, üben eine außergewöhnliche emotionale Kraft auf den Einzelnen aus. Auch auf eine:n Bundeskanzler:in.  Dies kann zu überschnellen und überzogenen Entscheidungen führen, die man später bedauern kann.

Die heutige Welt ist nicht nur komplex und unübersichtlich geworden, ihre Strukturen und Mechanismen, etwa auf politische Entscheidungen wie Sanktionen, sind durch Vernetzungen und Auswirkungen direkter und indirekter Art unberechenbar geworden. So kann es nicht verwundern, dass Sanktionen nicht nur ihr Ziel verfehlen, sondern darüberhinaus den Sanktionierten sogar begünstigen können. 

Beim US-Präsidenten Trump waren Sanktionen deshalb so beliebt, weil sie seiner einfachen Denkweise von Aktion und Reaktion entsprachen.  Dieses einfache Verhältnis kann in einer globalen Weltwirschaft aber nicht hilfreich sein, weil es zu einer direkten Wirtschaftsbeziehung immer auch Alternativen gibt. 
Beispiel: die US - Öl-verarbeitende Industrie benötigt u.a. ein spezielles Rohöl, das man aus Venezuela bezog, bis 2019 die US-Regierung ein totales Embargo beschloss und alternatives Rohöl in Russland kaufte. Es handelte sich hier nicht um sehr große Mengen und veranlasste Joe Biden jetzt, ein entsprechendes Embargo gegen Russland zu verhängen. Große Presse für ein eigentlich unbedeutendes Embargo.

Die Politik muss wichtige Entscheidungen, die großen Einfluss auf die Zukunft haben, nach neuen und festen Regeln organisieren.  

Zu solchen "strategischen Entscheidungsprozessen" gehören:

1. Vollständige Sammlung und Strukturierung der verfügbaren Informationen 
2. Sichtung und Bewertung der Informationen
3. Formulierung und Bewertung von Handlungsalternativen.
4. Besprechung des Erarbeitungsstands auf EU-Ebene und US-Vertretern. Gemeinsames Statement zu Vor- und Nachteilen der Handlungsalternativen und Entscheidungsempfehlung an die Regierung. 

Wer ein solches strukturelles Vorgehen als Eingeständnis der eigenen Schwäche sieht, gehört nicht in eine politische Verantwortung.

Wenn man in der aktuellen Kriegslage seitens unserer Regierung etwas Positives bewegen will, dann muss man sich zunächst ein Schweigegebot auferlegen und eine in der EU und mit den USA zu fällende Entscheidung anstreben. Diese muss zum Ziel haben eine neue Qualität der Kooperation der Weltmächte anzustreben. 

Es kann nicht sein, dass jeder in der EU seine eigene China-Politik verfolgt, während sich die USA bereits auf China als externe Gefahr Nr 1 eingeschossen haben.

Entweder nehmen wir unsere Rolle als globaler Handelspartner in der Welt ernst und unterfüttern unsere wirtschaftlichen Ambitionen mit einer friedensorientierten politischen Strategie oder wir führen Deutschland weiter in die politische und dann auch wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit.

Also müssen wir uns als Deutschland und als EU gemeinsam mit den USA um eine offene, faire und konstruktive Kooperation mit China zusammenfinden.
Nur auf diesem Wege kann zukünftig der Weltfrieden sicherer gemacht werden.