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Drucken 26-04-2020 | Pandemie | Restaurants | Recht & Gesetz

Die Pandemie deckt Veränderungsbedarf in den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf

Kerken, 26. April 2020 - Der 23. April 2020 wird als ein historischer Tag in die Branchengeschichte des Gastgewerbes eingehen. Was dem Bundesverband DEHOGA, in Berlin vor den Türen der Regierung sitzend, seit dem Einführungsjahr der Mehrwertsteuer 1968 nicht gelang, hat der Bayerische DEHOGA überraschend national durchgesetzt: die Einführung des ermäßigten Steuersatzes von 7% für alle gastronomischen Leistungen, also auch auf die Umsätze im Restaurant und nicht nur auf "to go"- Umsätze.



Maßgeblichen Anteil an diesem Erfolg hat eine derzeit erfolgreiche Kooperation zwischen dem politischen Aufsteiger dieser Tage Markus Söder als Bayerischer Ministerpräsident und Angela Inselkammer, Unternehmerin und Präsidentin des Bayerischen DEHOGA.Die an mancher Stelle von einzelnen Medien erhobene Kritik, hier habe eine Branche die Corona-Pandemie genutzt, um ihr eigenes Süppchen zu kochen, muss zurückgewiesen werden. Was im Einführungsjahr der Mehrwertsteuer 1968 politisch zu Recht einem ermäßigten Steuersatz unterzogen wurde, hatte zum Ziel, bestimmte gesellschaftlich relevante Dienstleistungen und Produkte zu fördern.

Wenn man sich die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse heute mit den Ausnahmeregelungen des  (UStG) § 12) vergleicht, wird man feststellen, dass hier das Beharrungsvermögen der politischen Fiskalakteure stärker ausgeprägt ist, als die politische Bereitschaft, die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Mittlerweile gibt es hier geradezu groteske Streitsituationen zwischen Finanzbehörden und Gastronomie-Unternehmen, was nun zu 19% oder zu 7% zu versteuern ist.
Ein Fazit aus dem pandemie-bedingten Lockdown können wir allerdings heute schon festmachen: der Dienstleistungssektor mit seinen kleinteiligen Angebotsformen ist aus gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht förderungswürdiger, als die Automobilindustrie. Die Großindustrie ist in aller Regel in der Lage einen Lockdown einige Monate aus eigener Kraft zu überbrücken und erst recht gilt das für Versicherungen. Gastronomie und Hotellerie sind in großen Teilen nach wenigen Wochen insolvent und mit ihnen ihre Mitarbeiter/innen. Das Gastgewerbe in Deutschland beschäftigt rund 2,5 Mio Menschen, die sich dort keine Reichtümer erwirtschaften können, überwiegend Menschen, die gerade noch den staatlichen Subventionen entgehen können. Auch das sieht in der Versicherungsbranche völlig anders aus.
Und deshalb ist es im Interesse des Staates den Dienstleistungssektor generell und die personalintensiven Branchen besonders zu schützen. Deshalb kann die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf 7 % keine befristete Maßnahme, sondern nur eine dauerhafte Besteuerung sein. (Red. Rainer Willing)