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Drucken 18-01-2021 | Pandemie

Verzweifelter Hilferuf deutscher Gastronomen: 'Uns geht jetzt die Luft aus!

18. Januar 2021 – Deutsche Gastronomen schlagen Alarm: „Uns geht jetzt endgültig die Luft aus!" Drei Viertel der Gastronomiebetriebe sind nach Angaben der Initiative „Gastgeberkreis" akut gefährdet – schon jetzt haben viele Betriebe wegen fehlender Umsätze und mangelnder Hilfen die Türen für immer geschlossen. Dem Gastgeberkreis gehören aktuell rund 40 Gastronomen und Gastrounternehmer an – darunter große Unternehmensgruppen wie die Block Gruppe, Hans im Glück, Nordsee, LeCrobag und L'Osteria – die sich in größter Not befinden. Für eine Perspektive fordert der Gastgeberkreis Planungssicherheit. Die Gastronomie darf nicht weiter weit über dem Niveau anderer Branchen belastet werden und braucht schnelle und unbürokratische Hilfe in Form von Entschädigungen zur Existenzsicherung. Die sofortige Auszahlung aller versprochenen Hilfen ist jetzt überlebenswichtig – eine nachträgliche Anpassung der Bedingungen und juristische Winkelzüge darf es nicht geben. Die beteiligten Unternehmen geben über 55.000 Arbeitnehmern Lohn und Brot und verzeichnen vor Corona einen Umsatz von über drei Milliarden Euro (2019). Insgesamt steht das deutsche Gastgewerbe für über zwei Millionen Arbeitsplätze und rund 93 Milliarden EUR Umsatz.

Deutsche Gastronomen und Gastronomiebetriebe schlagen Alarm und rufen verzweifelt um Hilfe. Ohne sofortige, unbürokratische und umfassende Hilfen gäbe es in allerkürzester Zeit ein Massensterben von Gastronomiebetrieben – in jedem Bundesland, in jeder Stadt, in jedem Ort. Die gesamte Branche ist gefährdet. Nach Angaben der Initiative „Gastgeberkreis", die Gastronomen in ihrer Not gegründet haben, haben aufgrund fehlender Umsätze und mangelnder Hilfen viele Gastronomiebetriebe ihre Türen bereits für immer geschlossen. „So zeigen aktuelle Zahlen der NPD Group Deutschland, dass von März bis Dezember 2020 gegenüber 2019 in den Gastronomiebetrieben ohne Handel ein absoluter Verlust von minus 45 Prozent zu verzeichnen ist. Pro Lockdown-Monat verliert die Gastronomie dabei rund 55 Prozent ihres Umsatzes. Während also Großunternehmen im Licht der Öffentlichkeit mit Milliardenhilfen gerettet werden, sterben aktuell unzählige deutsche Gastronomiebetriebe im Stillen. Die Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung sind richtig. Aber wenn Bundes- und Landesregierungen diese veranlassen, müssen sie auch ihrem Versprechen nachkommen, den Betrieben schnell und unbürokratisch zu helfen", so Prof. Dr. Torsten Olderog von der AKAD University Stuttgart, einer der Sprecher der Initiative.

„Wir fühlen uns im Stich gelassen!"
Auch Mirko Silz, CEO bei L'Osteria und Mitinitiator des Gastgeberkreises ist alarmiert: „Offenbar hat die Politik nur ein Auge auf in Schräglage geratene börsennotierte Konzerne, sieht aber nicht, in welcher Not die Gastronomiebetriebe und Gastronomen stecken. Wir fühlen uns im Stich gelassen. Nur ein Bruchteil der Novemberhilfen ist ausgezahlt, die bürokratischen Hürden sind hoch, zudem wurden nachträglich die Voraussetzungen für die Unterstützung geändert. Eine Branche mit gut zwei Millionen Beschäftigen braucht sofortige, unbürokratische und umfassende Hilfe, sonst wird aus dem bereits erfolgenden Sterben vieler Betriebe der Tod einer ganzen Branche! Die Bundesregierung muss nun schnellstmöglich die Interessen des heimischen Mittelstandes in Brüssel durchsetzen und die Schwellenwerte des EU-Beihilferechtes anheben."

93 Milliarden Euro Umsatz sind bedroht
„Das Gastgewerbe in Deutschland hat noch 2019 93,6 Milliarden Euro umgesetzt. Im Corona-Jahr 2020 ist der Umsatz um gut 50 Prozent eingebrochen. Die Lage ist also mehr als dramatisch – wir reden hier von zwei Millionen Beschäftigten, deren Existenz jetzt auf dem Spiel steht, wenn die Politik nicht endlich reagiert", erklärt Prof. Dr. Olderog. „Wenn die versprochenen Hilfen nicht zügig komplett ausbezahlt und auch weitere Schließungen nicht ausreichend entschädigt werden, wird dies einen schweren strukturellen Schaden in der Gastronomiebranche anrichten."

Vermeidbare Insolvenzen verhindern
Es liegt also im ureigenen Interesse des Staates und der Gesellschaft, die Gastrobranche jetzt umfangreich und schnell zu unterstützen, damit so viele Betriebe wie irgend möglich diese Krise überstehen und ihre Wirtschaftskraft erhalten bleibt. Die Zusage der Bundesregierung, die Umsätze ab November 2020 zu 75 Prozent zu kompensieren, war auch mit dem Versprechen verbunden, diese Hilfen schnell auszuzahlen – dies ist leider nur zu einem kleinen Teil erfolgt. Somit fühlen sich viele Gastronomen geradezu getäuscht, außerdem könnten noch in diesem Frühjahr zahlreiche Betriebe in die Insolvenz gehen – allein aufgrund der unnötig verzögerten Hilfsleistungen. Damit die Gastronomen nicht am langen Arm verhungern, muss die Liquidität durch unbürokratische und kurzfristige Entschädigung gesichert bleiben, so die Forderung.

Neue Initiative
Der „Gastgeberkreis" will sich als neues Sprachrohr für die gefährdeten Betriebe stark machen. Rund 40 Betriebe dieser Initiative sind selbst durch die aktuelle Krise betroffen und haben alle Höhen und Tiefen des letzten Corona-Jahres mitgemacht. „Viele von uns haben nach dem ersten Lockdown in konkrete Hygienemaßnahmen investiert wie etwa Luftfilter", erklärt Kent Hahne, Betreiber von The Ash und größter Franchisenehmer bei L'Osteria mit 1.500 Mitarbeitern. „Dass wir dann trotzdem unsere Betriebe in einem zweiten Lockdown schließen mussten, war schon ein harter Schlag. Von den Vorleistungen aus dem letzten Sommer müssen wir profitieren, wenn die Wirtschaft wieder hochfährt. Als sicherer Ort, an dem Menschen sich treffen, müssen wir bei der ersten Öffnungswelle dabei sein und brauchen hier eine entsprechende Planungssicherheit."


Der Gastgeberkreis besteht aus Gastronomen aller Sparten und Größenordnungen. Die Forderungen richten sich ausdrücklich nicht gegen die erfolgten Maßnahmen im aktuellen Lockdown, sondern für den Erhalt der Gastro-Szene: „Es geht nicht nur um die wirtschaftliche Existenz der betroffenen Gastwirte, Kellner und Zulieferer, es geht auch um den Erhalt der gastronomischen Kultur. Was wird denn aus unseren Innenstädten, wenn ein Teil der Gastronomen nicht mehr da sind?", so Clarissa Käfer von der Käfer AG. „Das Lieblingslokal oder Café um die Ecke sind jeweils auch wichtige Locations im Alltag eines jeden – irgendwann werden wir wieder ein normaleres Leben haben, dann braucht es die Gastronomie, um die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden wiederherzustellen. Wenn nicht allen zeitnah geholfen werden kann, dann heißt es: Endlich wieder ausgehen – aber wohin?"

Ausblick auf 2021
Um die Gastro-Kultur in Deutschland zu erhalten, muss die Bundesregierung stärker auf die Besonderheiten dieser Branche eingehen. Der Faktor Zeit ist hier absolut existenziell, denn Mieten und Personalkosten sind im Gastgewerbe überproportional hoch bei oft niedrigen Gewinnmargen. „Es haben zwar 80 Prozent der Gastronomiebetriebe das Angebot der Kurzarbeit in Anspruch genommen, trotzdem musste die Hälfte der Betriebe bereits Mitarbeiter entlassen oder ist nach einer DEHOGA-Umfrage in naher Zukunft dazu gezwungen", so Stephan von Bülow, CEO der Block-Gruppe, Betreiber von rund 60 Restaurants. „Hinzu kommt der Umstand, dass das Gastgewerbe traditionell auch viele alleinerziehende Mütter in Teilzeit und Menschen ohne abgeschlossene Bildungshistorie oder Studierende als Aushilfskräfte beschäftigt hier greift das Mittel Kurzarbeit einfach nicht wirksam genug. Auch gibt es keine andere Branche, in der die Quote der selbstständigen Unternehmer größer ist.
Restaurants, Cafés, Caterer brauchen dringend die zugesagten staatlichen Hilfen, jede Woche Verzögerung richtet nachhaltigen Schaden in den Betrieben an – aber auch in der Lebensführung der betroffenen Menschen."

Die Forderungen des Gastgeberkreises

1. Die Gastronomie darf nicht weit über dem Niveau anderer Branchen belastet werden.
Jede Schließung muss Entschädigungen in Höhe der unverschuldeten Verluste nach sich ziehen.
Es geht um die normale Definition von Verlusten – ohne Kleingedrucktes.
Es geht nicht um die Entschädigung von entgangenen Gewinnen – sondern um die Sicherung der Existenz.

2. Die Gastronomie darf nicht am langen Arm verhungern.
Die Entschädigungen müssen so unbürokratisch und kurzfristig kommen, dass die Liquidität gesichert bleibt.
Steuerberater müssen in der Lage sein, beim Antrag zu unterstützen.
Verfahren müssen transparent sein und dürfen nicht dynamisch sein.
Örtliche Finanzämter müssen in die Hilfsleistungen eingebunden werden, um schnelle Hilfen zu gewährleisten.
Behörden und Finanzämter müssen verlässliche Auskünfte zu Verfahren und Vorgehensweisen geben.

3. Professionelles Wirtschaften braucht Planungssicherheit – auch in der Gastronomie
Gastronomie braucht Planungssicherheit und Perspektive. Wenn die Wirtschaft wieder hochfährt muss die Gastronomie direkt wieder geöffnet werden. Sie ist nach wie vor der sicherste Ort, um sich zu treffen.
Die Gastronomie muss von den Vorleistungen aus dem letzten Sommer profitieren und bei der ersten Öffnungswelle dabei sein.
Die Gastronomie darf nicht weiter als unsicherer Ort stigmatisiert werden.

Die vollständige Pressemitteilung sowie zusätzliche Informationen stehen Ihnen unter diesem Link zum Download bereit.

Über den Gastgeberkreis
Der Gastgeberkreis ist ein Zusammenschluss von Gastronomen und Gastrounternehmern, die von der Coronakrise unmittelbar betroffen sind. Ziel dieser Initiative ist es, die Wahrnehmung der Gastronomie in Politik und Gesellschaft zu schärfen.

Pressekontakt Gastgeberkreis:
Prof. Dr. Torsten Olderog
E-Mail: torsten@olderog.de 
Mobil: 0177 / 364 10 49