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Drucken 20-04-2022 | Lieferdienste

Kommt jetzt das Ende der Lieferdienste?

Kerken, den 20. April 2022 - Just Eat Takeaway, Holding verschiedener weltweit operierender Lieferdienste mit Sitz in Amsterdam sucht Partner oder Käufer für sein erst vor 2 Jahren übernommenes Geschäft der Tochter "Grubhub" in den USA. Wie heute das Handelsblatt berichtet, werden gleichzeitig die Wachstumsziele zurück genommen.

Dies könnte der Startschuss für Investoren sein, dieses Geschäftsmodell grundsätzlich zu überdenken.

Kaum ein anderes Geschäftsmodell ist auf Wachstumsraten so stark angewiesen, wie die digitalisierten Massengeschäfte der StartUps. Sie Alle haben im operativen Geschäft noch keinen Profit vorweisen können und leben einzig davon, dass Investoren weiteres Kapital zur Verfügung stellen. Dazu sind allerdings positive Wachstumsaussichten unabdingbar.  Die meisten Wachstumsziele konnten in der Vergangenheit nicht unwesentlich dadurch erreicht werden, indem Konkurrenten übernommen wurden oder im asiatischen Raum zugekauft wurde. Die damit verbundene Intransparenz (Wirecard läßt grüßen) dürfte jetzt Investoren zusätzlich abschrecken.

Unsere seit Beginn der Corona-Pandemie an die Gastronomie mehrfach ergangene Empfehlung, besser im heimatlichen Umfeld einen eigenen Lieferservice durch Kooperation mit Kollegenbetrieben auf die Beine zu stellen, bekommt jetzt zusätzliche Bedeutung.  

Folgende sich verändernde Rahmenbedingungen erschweren das Geschäftsmodell "Lieferservice" zusätzlich:

1. Der zunehmende Kostendruck läßt den Restaurants kaum mehr Spielräume, um Gebühren und sonstige Erlösschmälerungen zugunsten der "Lieferandos dieser Welt" aufbringen zu können. 

2. Die pandemie-bedingten Einschränkungen haben zu viele Restaurants nicht überlebt und die meisten trauen sich einen Neuanfang nicht mehr zu. Hier haben Filialisten und Franchiseunternehmen, die den Lieferservice auch heute schon selbst in der Hand halten, einen großen Systemvorteil. Sie fangen die Umsatzverluste der Individualbetriebe auf und weisen generell ein betriebswirtschaftlich günstigeres Input-Output-Verhältnis aus.  Natürlich gelten diese Feststellungen nur allgemein und variieren von Standort zu Standort. 

3. Inflations- und konjunkturbedingt wird sich das Einnahme-Kosten-Verhältnis für alle Privathaushalte weiter verschlechtern. Das gilt insbesondere für die unteren und mittleren Einkommen, aus denen sich in der Vergangenheit der überwiegende Anteil der Gäste in der Gastronomie rekrutierte. 

Bei dieser Bewertung sind Kriegseinflüsse, wie Flüchtlingsbewegungen, Embargos und Zerstörungen natürlich nicht berücksichtigt. Sicher ist nur das Eine: die Zukunft wird täglich unsicherer, also kein guter Nährboden für Investitionen.

Redaktion gastronomie.de, Dipl.-Betriebswirt Rainer Willing