Es wird eng für Delivery Hero
Von Startups und ihren Finanzinvestoren wird so mancher Betriebswirtschaftler müde belächelt, wenn er zur Vorsicht rät.
Das trifft insbesondere auf mengengetriebene Geschäftsmodelle in preissensiblen Märkten wie Lebensmittel und Getränke zu.
Beispiel: Delivery Hero
2017 legte Delivery Hero einen fulminanten Börsenstart hin. Vom Ausgabekurs der Aktie von 25 EUR und Aufstieg in den DAX folgte eine schnell und stetig steigende Bewertung bis auf das Kursniveau von 140 EUR/Aktie. Nach mehreren Anläufen dieses Kursniveau nach oben zu verlassen kam der jähe Absturz.
Dazu schrieb Welt.de am 29.12.2022:
"Vor zehn Monaten stürzte der Lieferdienst Delivery Hero an der Börse ab und fiel aus dem Dax. Nun hadert der Gründer damit, dass Freunde, Familie und Kollegen viel Geld verloren haben. 2023 soll besser werden, verspricht er ihnen. Auch die Analysten sehen Luft nach oben."
Wir haben mehrfach auf die schwache wirtschaftliche Tragfähigkeit dieses Geschäftsmodells hingewiesen. Das galt insbesondere bei Delivery Hero, dessen Gründer Niklas Östberg sehr viel Wagniskapital zur Verfügung hatte und Delivery Hero an der Börse in der Spitze mit mehr als 20 Mrd EUR bewertet wurde.
Hier die aus unserer Sicht gravierendsten Fehler des Managements:
Zu viel Kapital treibt das Management an, möglichst schnell die Erwartungen der Investoren zu erfüllen, die Verluste stetig zu reduzieren und die Perspektive eines ROI zu erhalten. Da man diese Ziele wettbewerbsbedingt und in dem erwarteten Tempo im Heimatmarkt nicht erfüllen kann, expandiert man in fremde und weitgehend unbekannte Märkte wie Asien, Afrika und Amerika. Dies ist gleichbedeutend mit Kontrollverlust und der Kardinalfehler. Man kann es auch als Russisch-Roulette bezeichnen. Delivery Hero hält mehrere dutzend Beteiligungen weltweit.
Man ist jetzt bemüht, sich von Beteiligungen zu trennen, deren ROI vermutlich nicht mehr erreicht werden kann. Ob dies im Sinne einer mit positiver Perspektive versehenen "Rest"-Kernstrategie ist, ist allerdings eine andere Frage.
In der Regel erfolgen solche Veräußerungen mit hohen Verlusten oder sie müssen total abgeschrieben werden. Diese letzten Maßnahmen retten das Unternehmen in der Regel nicht mehr.
Am 6.9.22 nahmen wir eine Kaufempfehlung von Morgan Stanly zum Anlaß vor diesem Investment zu warnen.
Lieferservice mit Getränken und Lebensmittel erfolgreich zu betreiben setzt eine hohe Kompetenz in IT-Logistik, Menschenführung, Waren- und regionaler Marktkompetenz voraus.
Das zaubert man nicht einfach so aus dem Hut.
Kommentar von Dipl.-Betriebswirt Rainer Willing