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Drucken 14-12-2023 | Konjunktur | Theken-Themen

Keine Leitzinsänderung in USA und ihre Folgen bei uns

Kerken, den 14. Dezember 2023 - der politische Kommentar-

Niemand hat mit einer Änderung des US-Leitzinses gerechnet. Doch manche Marktteilnehmer erwarten bereits erste Leitzinssenkungen. Fed-Chef Jerome Powell wirkt solchen Spekulationen verbal entgegen. Man hat den Eindruck, dass sich die US-Fed in der Rolle des Unberechenbaren wohl fühlt. Und in der Tat haben zumindest die Börsianer gestern Abend gejubelt und die Aktien- und Anleihekurse nach oben getrieben, als bekannt wurde, dass die US-Fed die Erwartung der Märkte dieses Mal nicht enttäuscht.

Inwieweit die Leitzinspolitik der US-Fed zielführend im Interesse der USA selbst und damit auch Europa's ist, muss in Zweifel gezogen werden. Jetzt wartet die Fed darauf, dass sich die Wirtschaftsdaten in den USA verschlechtern, um sich zu einer Leitzinssenkung durchzuringen. Das ist absolut kontraproduktiv, denn es kann nicht darum gehen mehr Firmenpleiten und Arbeitslose zu produzieren, sondern die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft und ihrer Menschen positiv zu befördern. Dieser Aspekt einer Zinspolitik gerät bei US-Fed und EZB völlig aus dem Blick.

Indirekt werden wir in Deutschland für diese verfehlte Zinspolitik in Mithaftung genommen. Denn die negativen Folgen werden wir noch zu spüren bekommen.

Der aktuelle Haushaltsstreit in der Ampel-Koalition ist nur ein leichter Vorgeschmack auf das, was auf Deutschland noch zukommen wird. Ob wir die Schuldenbremse lockern oder gar abschaffen, wird zwar heftig diskutiert, doch das steht garnicht mehr in unserer Macht. Wir sind gezwungen in kürzester Zeit jahrzehntelang vernachlässigte Investitionen nachzuholen. Und ich habe keinen Zweifel, dass wir daran grandios scheitern werden.

Dabei spielen zu hohe Zinsen nur einen von vielen weiteren Gründen eine schicksalhafte Rolle:

- seit 1990 fehlende Anpassung an die Entwicklung der internationalen Rahmenbedingungen. So hätte der Föderalismus zu mehr Effizienz angepasst werden müssen;

- die Verkehrsinfrastruktur wurde nur im Osten modernisiert und im Westen wartete man auf den Zusammenbruch der Autobahnbrücken;

- das Bildungswesen wurde bis heute völlig vernachlässigt. Hier spiegeln sich fehlende Zukunftsorientierung und mangelndes Verantwortungsbewußtsein der Politik am Deutlichsten wider;

- Dienstleistungsstruktur und Finanzierung des Gesundheitswesen und der Altersversorgung sind völlig antiquiert und unwirtschaftlich. Dazu zählt auch eine Reform des Beamtenwesens.

Wenn wir unser bisheriges Tempo der Entscheidungsfindung, Planung und Umsetzung in die Zukunft projizieren und uns dann fragen, wer für diese Aufgabenstellungen in Qualität und Quantität eigentlich zur Verfügung steht, dann wird deutlich, warum wir scheitern werden.

Kommentar unseres Redakteur
Dipl.-Betriebswirt Rainer Willing